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„Warum tun alle so, als sei alles, was nicht wichtig ist, sehr wichtig, während sie gleichzeitig unheimlich damit beschäftigt sind, so zu tun, als wenn das wirklich Wichtige überhaupt nicht wichtig ist?“, ruft Pierre Anthon (überzeugend gespielt von Mike Kronsbein) seinen Mitschülern auf der Bühne zu. Fragen wie diese lassen die 18-köpfige Schüler*innengruppe auf die Suche nach der Bedeutung des Lebens gehen, die sich durch das ganze Stück zieht, welches auf dem Roman „Nichts“ der dänischen Bestseller-Autorin Janne Teller basiert.

Der nihilistische Ansatz des Schülers Pierre Anthon, dass nichts etwas bedeutet und es sich deshalb nicht lohne, irgendetwas zu tun, ruft dabei bei den Mitschüler*innen blanke Wut hervor. „Wir müssen Pierre Anthon eben beweisen, dass es etwas gibt, was etwas bedeutet“, schlägt schließlich Sofie (gespielt von Antonia Luge) vor und schon beginnt der Bau des „Bergs der Bedeutung.“ Die Schüler*innen tragen alle Sachen zusammen, die ihnen etwas bedeuten und geraten dabei in einen makabren Überbietungswettkampf, der zuletzt dazu führt, dass sogar der Hamster von Gerda (Maya Sohrmann) und der Finger des talentierten Gitarrenspielers und eigentlichen Cliquenchefs Jan Johann, lautstark verkörpert von Henri Kronsbein, geopfert werden und auf dem Berg landen. Beeindruckend gelingt auch die Szene des Opfers von Sofie, die, um etwas Bedeutendes beizusteuern, ihre Unschuld verliert, was Literaturkursleiter Michael Bruderhofer gekonnt inszenieren ließ. Symbolisch zerstachen dabei die Jungen der Gruppe Luftballons in Herzform, die um die verzweifelt wirkende Protagonistin drapiert sind. Auch die Veränderung der Erzählweise trägt dazu bei, die Romanvorlage ansprechend auf die Bühne zu bringen. Die im Buch erzählende und auf der Bühne überzeugend exzentrisch verkörperte Agnes (Alicia Berdnikov) wurde durch die gemeinsam rückblickende Schülergruppe ersetzt, die durch die Handlung führt.

Letztlich fliegen die Jugendlichen auf und schockieren Eltern und Lehrer*innen. Als dann dann aber die Presse berichtet und ein New Yorker Museum den Berg für einen Millionenbetrag als Kunstwerk ankaufen will, sind die Schüler*innen überzeugt: Sie haben die Bedeutung gefunden.
Als sie Querulant Pierre Anthon dann aber mit ihrer Erkenntnis konfrontieren, eskaliert die Situation, denn dieser zeigt sich unbeeindruckt und wertet den Verkauf des Kunstwerks sogar als Beleg für die Bedeutungslosigkeit des Bergs. Dabei greift die Inszenierung gekonnt auch die Kapitalismuskritik des Buches auf, indem hier (finanzieller) Wert und Bedeutung kontrastiert werden. Am Ende bleibt eine eindrucksvoll inszenierte Szene als Ausdruck der Verzweiflung. So fällt den Schüler*innen nichts Anderes ein, als den Urheber der unbequemen Frage mit Schlägen zum Schweigen zu bringen, sodass auch am Ende ein „Nichts“ steht. Die bedrückende Erkenntnis des Buches bringen die Jungschauspieler*innen dabei beeindruckend auf die Bühne.

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Sofie (Antonia Luge) opfert ihre Unschuld auf der Suche nach Bedeutung, was durch das Zerstechen der Luftballons durch Mitschüler Hans (Rotimi Ogunniyi) symbolisiert wird.

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Masken symbolisieren Kälte und Entfremdung der Schüler*innen (v.l.n.r.): Frederik (Tristan Halfar), Jan-Johan (Henri Kronsbein), Ingrid (Fouton Langhi), Dominik (Maximilian Krau), Henrik (Valentin Jaspers), Marie-Ursula (Sontje Güntzel), Rosa (Alexandra Halter) und Dennis (Karl Bremer) auf ihrer Suche nach Bedeutung und dem Sinn des Lebens.

11.05.22

Text: M. Karmann, Fotos: Lara Potechius